Das Verfahren der Grünholzbearbeitung stammt aus einer Zeit, in der Energie noch nicht wie heute, scheinbar unbegrenzt, zur Verfügung stand. Viele Arbeiten ließen sich früher nur per Hand ausführen und deshalb suchte man oft nach der kraftsparendsten Arbeitsweise.
In der Holzverarbeitung erkannte man, dass sie viel leichter von statten geht, so lange das Holz noch frisch, also „grün“ ist. Möchte man beispielsweise einen Stuhl bauen, kann man zum einen, wie heute üblich, das Holz dafür mit Maschinenkraft (oder viel Schweiß) aus einer getrockneten Bohle heraussägen. Oder aber man entscheidet sich für die „grüne“ Variante.
Dabei wird ein gerade gefällter Stamm nicht gesägt sondern in Scheite gespalten. Je frischer das Holz, umso weniger Kraft muss man dabei aufwenden. Nach dem Spalten werden dann die Scheite auf einer Schnitzbank mit Ziehmesser und Schweifhobel zu schmalen Rundhölzern bearbeitet. So entstehen die Stuhlbeine und Sprossen, welche man jetzt, wenn gewünscht, auch noch biegen kann.
An dieser Stelle ist der überwiegende Teil der Holzbearbeitung abgeschlossen und das Holz kann (und muss) auch bei diesem Verfahren trocknen. Im Gegensatz zu einer kompakten Bohle geht das aber sehr viel schneller und die schmalen Rundhölzer neigen dabei kaum zum Reißen.
Abschließend bohrt man in die Stuhlbeine passende Zapfenlöcher für die verbindenden Sprossen und erhält, nachdem man alle Teile zusammen gebaut hat, ein leichtes, aber stabiles Stuhlgestell. Denn anders als beim Sägen, wird beim Spalten die Faser des Holzes nicht zertrennt und somit die Gefahr des Brechens verringert.
Natürlich lassen sich nach diesem Verfahren nicht nur Möbel sondern auch andere Gegenstände, wie zum Beispiel Werkzeuge, Leitern oder Zäune herstellen. Ganz gleich, wo für man sich entscheidet – das Bearbeiten von Grünholz ist ein faszinierendes Handwerk, welches viele historische Techniken in sich vereint und dabei überraschend effektiv ist.